Unsere Hunde werden älter und mit dem Alter kommen so einige Herausforderungen auf sie und uns zu. Denn leider können unsere Hunde sich nicht äußern. Das müssen wir aufgrund des Verhaltens von außen bewerten. Das macht es natürlich schwieriger, denn in solchen Notsituationen muss man sachlich und objektiv handeln, was sicherlich nicht immer einfach ist, wenn es um den eigenen Hund geht.
Heute möchte ich Dir meine Erfahrungen zum Thema “Vestibularsyndrom” bei Hunden näher bringen und meine Leidensgeschichte aufzeigen.

Zuerst einmal muss ich darauf hinweisen, dass es hierbei um meine persönlichen Erfahrungen geht. Ich habe keine Tiermedizin studiert und ersetze auch keinen Tierarzt. Dieser sollte immer aufgesucht werden, wenn der Hund Symptome, die man nicht kennt und nicht einordnen kann.
Kurze Einführung
Das Vestibularsyndrom bei Hunden betrifft das Gleichgewichtssystem und äußert sich durch plötzliche Symptome wie Kopfschiefhaltung, Gleichgewichtsstörungen und unkontrolliertes Kreisen oder Stolpern. Hunde können auch Übelkeit, Erbrechen und ungewöhnliche Augenbewegungen (Nystagmus) zeigen, bei denen die Augen schnell hin und her zucken. Diese Symptome können erschreckend wirken, aber in vielen Fällen bessern sie sich nach einigen Tagen oder Wochen von selbst.
Das Vestibularsyndrom kann verschiedene Ursachen haben, darunter altersbedingte Veränderungen (vor allem bei älteren Hunden), Entzündungen des Innenohrs, Verletzungen oder seltener auch Tumore oder Infektionen im Gehirn. Manchmal bleibt die genaue Ursache unbekannt.
Die Behandlung hängt von der Ursache ab. Bei vielen Hunden, besonders bei älteren, ist oft keine spezifische Therapie nötig, außer die Symptome zu lindern, bis sie von selbst abklingen. In schwereren Fällen, zum Beispiel bei einer Ohrentzündung, kann eine gezielte Behandlung erforderlich sein.
Meine Erfahrungen
Als es bei meinem Rüden Leo im hohen Alter das erste Mal passierte, war ich fix und fertig. Ich kannte diese Symptome nicht und natürlich rechnet man mit dem Schlimmsten! Er war wackelig auf den Beinen und konnte kaum Aufstehen. Bei näherer Betrachtung habe ich dann festgestellt, dass sich die Augen in der Augenhöhle permanent horizontal bewegt haben. Hier habe ich gelernt, dass die Wahrscheinlichkeit der Genesung bei horizontaler Augenbewegung größer ist, als bei vertikaler Augenbewegung und einer Mischform aus beiden. Leo war zudem sehr groß und somit zu schwer für mich. Ich bat meinen Partner daher, ihn ins Auto zu tragen, um dann schnellstmöglich zum Tierarzt zu fahren. Da wir einen Bus fahren, habe ich Leo im Laderaum auf eine Matratze gelegt und bin während der Fahrt bei ihm geblieben. Auch wenn wir selber nicht viel tun können, sollten wir unseren Hunden gerade in diesen Situationen Halt vermitteln.
Mein Partner hatte dies bereits bei einem früheren Hund alles hinter sich. Er wusste also bereits, was beim Tierarzt passieren würde: Infusion mit Flüssigkeit und ein Mittel gegen Übelkeit.
Während wir beim Tierarzt warteten, bis die Infusion vollkommen reingelaufen ist, ging es ihm schon wesentlich besser und auch meine Anspannung ließ etwas nach. Nach der Behandlung konnten wir die Tierarztpraxis gemeinsam verlassen, ohne dass Leo getragen werden muss. Zu Hause habe ich dann darauf geachtet, dass er viel Ruhe bekommt und nicht im Garten rumspringt.
Das Ganze hat sich dann mehrmals wiederholt und wir haben diese Prozedur beim Tierarzt jedes Mal wiederholt. Einmal trat das Vestibularsyndrom an einem Wochenende auf. Klar, das kann niemand steuern, aber daran denkt man natürlich nicht. Immer hofft man, dass es das letzte Mal war. Pustekuchen.
Also, das Internet befragt, wer bei uns Notdienst hat. Super Sache, dachten wir, als wir feststellten, dass echt nur 200 Meter entfernt in unserer Straße eine Tierarztpraxis Notdienst hat. Nachdem ein Bein beim Anlegen der Infusion zerstochen wurde und sie selber meinte, dass sie überwiegend Pferde behandelt, war uns klar: das war das erste und gleichzeitig letzte Mal. Informiere Dich vorher, welche Tierärzte oder Tierkliniken im Umkreis Notdienst haben. Hätten wir uns besser informiert, wären wir dort gar nicht gelandet, denn eine Tierklinik in der Nähe hätte ebenfalls Bereitschaft gehabt.

Nach dieser Erfahrung und vielen Rechnungen für immer dieselbe Therapieform (Infusion) haben wir dann mit unserer Tierärztin gesprochen, was wir zukünftig machen können, wenn das Vestibularsyndrom zurückkehrt.
Ihre Antwort: Flüssigkeit zuführen, Ruhe bewahren und abwarten!
Ok, Flüssigkeit zuführen. Aber wie. Das will ich Dir verraten: Natürlich kann diese Menge nicht durch das Trinken aufgenommen werden, denn das ist dem Hund in dieser Situation nicht vermittelbar, ansonsten wohl auch nicht. Ok, nächste Variante: Infusion selber legen. Nee, das traue ich mir nicht zu.
Gibt es noch eine Variante? Und jetzt kam der Tipp unserer Tierärztin ins Spiel: Infusionen, Infusionsbesteck und lange Nadeln selber kaufen. Bei Bedarf alles vorbereiten
- steril arbeiten
- Infusionsflasche nur einmal verwenden und
- mit sterilen Zubehör die Membran durchstechen
- irgend etwas zum Aufhängen der Infusionsflasche bereitstellen (kann auch gerne mit Klebeband eine Schlaufe zum Aufhängen an der Flasche anbringen oder man hält sie selber fest)
- Nadel aufstecken und Luft rauslassen (nicht überlebensnotwendig, da man hier nicht in die Blutlaufbahn geht)
Der Hund sollte am besten liegen. Dann nimmt man seitlich am Bauch das Fettgewebe und sticht die sterile Nadel rein. Die Infusion muss aufgedreht werden und auf jeden Fall ca. 1 Meter über die Einstichstelle gehalten werden (Potenzialgefälle). Nun sollte die Flüssigkeit ins Fettgewebe laufen und langsam sollte sich eine Beule unter dem Fell an dieser Stelle bilden. Das sollte am besten auf beiden Seiten durchgeführt werden, damit zwei Beulen entstehen. Das kann aber auch mehrmals auf einer Seite an verschiedenen Stellen wiederholt werden. Keine Angst, diese Beulen sind nur die Flüssigkeit. Diese wird im Laufe der Zeit vom Körper abgebaut, indem die Flüssigkeit in den Organismus absorbiert wird. Somit kann man seinem Hund Flüssigkeit zufügen, ohne eine Infusionsnadel legen zu müssen.
Ich habe das bestimmt dreimal anwenden müssen. Das war eine große Hürde, meinen Hund selber zu stechen. Aber letztendlich hat er sich immer wieder erholt und wir mussten ihn nicht immer zum Tierarzt schleppen, was bestimmt in so einer Situation für ihn nicht angenehm war.
Auf jeden Fall ist eine Infusion wesentlich schneller im Körper, als die Verabreichung über das Fettgewebe. Bespreche das auf jeden Fall mit Deinem Tierarzt.
Wir sind dankbar für diesen Tipp und haben nun genügend Vorräte zu Hause, auch für unsere anderen Hunde. Das werden wir auch nur anwenden, wenn es nach mehrmaligen Besuchen der Tierarztpraxis von unserer Tierärztin empfohlen wird. Denn das Vestibularsyndrom ist von Hund zu Hund verschieden und ein Arzt sollte immer konsultiert werden.
P.S. Wenn es mal wieder länger dauert
Kleine Anekdote nebenbei, um zu zeigen, dass es manchmal auch länger dauern kann:
Wie bereits oben erwähnt, hatte der Hund meines Partners ebenfalls das Vestibularsyndrom in der Vergangenheit bereits zwei Mal. Beim zweiten Mal hat der Genesungsprozess wesentlich länger gedauert. Über ein Woche hat er gewartet und seinen Hund immer wieder in den Garten getragen, damit es sein Geschäft verrichten kann. Weil es nicht besser geworden ist und er ihn nicht länger leiden lassen wollte, hat er einen Termin beim Tierarzt gemacht, um ihn zu erlösen. Kurz vor dem Termin nach vielen Tränen hat er ihn ein vermeintlich letztes Mal in den Garten getragen. Nachdem er sein Geschäft verrichtet hatte, lief er einfach so, als ob nie etwas gewesen wäre über die Terrasse ins Haus und war wieder der alte. Erleichtert hat er daraufhin den Termin beim Tierarzt abgesagt.